Zum Tag der offenen Tür in der Naumburger Kindertagesstätte „Sonnenschein“ führt Jürgen Tänzer den Gästen die Kartoffelbatterie vor. FOTOS: TORSTEN BIEL
LEBENSBILDER Jürgen Tänzer erhält Ehrenplakette vom Verein Deutscher Ingenieure. Der 58-Jährige macht sich neben der Technik auch um die Kleingartensparte verdient.


Schwer wiegt sie in der Hand - die Ehrenplakette, die seit Anfang Mai dem Naumburger Diplom-Ingenieur Jürgen Tänzer gehört. Wofür er ausgezeichnet wurde, davon gibt ein Blick auf beide Seiten der großen Plakette eine Ahnung. „Für Verdienste um die Technik und den VDI“ steht auf der einen Seite in geprägten Druckbuchstaben geschrieben. Auf der andern Seite, dessen Mitte ein Feuer tragender Läufer - einem Olympischen Fackelträger gleich - ziert, ist der Satz „Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein“ aufgeprägt.

 

Mit dieser Ehrung würdigt der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) Tänzers jahrelanges Wirken als Stellvertretender Leiter der Bezirksgruppe Burgenlandkreis des VDI, der er seit fast zehn Jahren angehört.

Für seine Verdienste um Technik mit Plakette geehrt: Jürgen Tänzer.Um zu erklären, was hinter der VDI-Arbeit steckt, holt Tänzer etwas aus: „Ziel des Vereins ist es, dass sich Ingenieure deutschlandweit austauschen, Netzwerke bilden für eine Win-win-Situation und Kontakte zu Schulen und Hochschulen aufbauen, um so den künftigen Kader zu begleiten und zu fördern.“ Und dafür setzt die Gruppe bereits im Kindesalter an, gestaltete beispielsweise ein Jahresprogramm für Kindertagesstätten. „Man muss nicht lesen und schreiben können, um sich mit Technik vertraut zu machen. Es funktioniert auch gut über Bilder. Auf diese Weise kann man auch erste technische Projekte verwirklichen“, erzählt der 58-Jährige. Genau das macht die Bezirksgruppe. In der Naumburger Kindertagesstätte Domstifte führten die VDI-Mitglieder die Knirpse im vergangen Jahr an die Formen von Energie - also Wind, Wasser und Chemie - heran. „Man muss es nur so verpacken, dass es Spaß macht. Gut an kommt immer die Vorführung der Kartoffelbatterie“, so Tänzer. Am Ende des Projektes stand ein Ausflug ins Kroppenthal an. Dort wurden die Wassermühlen bestaunt, und während einer Mühlenführung erfuhren die Kinder viel über Getreidearten.

Für Schüler stellte die VDI-Gruppe ebenfalls im vergangenen Jahr ein Projekt auf die Beine - genauer eine Arbeitsgemeinschaft. AG Robotik heißt diese, zu der seither Schüler des Domgymnasiums Naumburg regelmäßig zusammenkommen. Dann arbeiten sie mit Computern, Laptops und Lego-Bausätzen. „Da wird schon richtig programmiert“, sagt er. Diese AG soll in eine nächste Phase gehen. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Merseburg soll eine Vernetzung und ein Erfahrungsaustausch aller Robotik-AG im Burgenlandkreis organisiert werden. Bei alledem stoße die Bezirksgruppe an ihre Kapazitätsgrenzen, sagt Tänzer. Zwar gehören der Bezirksgruppe 70 Mitglieder an, aber den den harten Kern bilden nur an die 20 Mitglieder. „Die anderen sind beruflich stark eingebunden“, erklärt er.

Mit den beiden Projekten ist die ehrenamtliche Arbeit längst nicht erschöpft. Da gibt es auch noch die monatlichen Treffen der VDI-Gruppe, während der es schöpferisch zugeht, immer wieder neue Projekte entwickelt werden. So entstand auch jene von den Technischen Werken Naumburg (TWN) finanziell unterstützte Ausstellung zur Geschichte der Gas-, Dampf- und Stromversorgung Naumburgs, die er mit einer kleinen Gruppe von Ingenieuren erarbeitet und dafür viel Zeit im Stadtarchiv verbracht hat, und die zur Eröffnung des Turbinenhauses in der Weißenfelser Straße erstmals gezeigt wurde. Demnächst soll sie in die Flure der TWN umziehen. Mit von der Partie bei der Recherche und Gestaltung der Ausstellung, die inzwischen auch von Schulen stark gefragt ist, waren, das ist Tänzer wichtig zu erwähnen, Dieter Gödicke, Matthias Hofmann, Uwe Vernau, Ralf Lill und Sabine Zimmer von den TWN.

Das Turbinenhaus ist Tänzer bestens vertraut: „Ich habe dort gelernt.“ Nach der zehnten Klasse, die er „mit Auszeichnung“ bestanden hat, ging es für ihn nicht weiter bis zum Abitur. Das blieb ihm verwehrt. Anders als seine Eltern, die Naturliebhaber waren, war ihr Sohn von der Technik fasziniert. So führte ihn der Weg nach Halle zur Betriebsberufsschule Energiekombinat West, in der er zum Elektromonteur ausgebildet wurde. Sein Abitur holte er im Anschluss in Zittau nach und studierte dort an der Ingenieurhochschule, die er 1984 als Diplom-Ingenieur für Elektroenergieversorgung verließ. Inzwischen ist er auch Staatlich geprüfter Betriebswirt und Sicherheitsfachkraft Elektro mit dem Zusatzmodul Gas, wie es korrekt heißt. Als Ingenieur stellte er dann fest, dass er monatlich 100 Mark weniger verdiente als einst als Monteur. Doch Geld war nie sein Ansporn. Ihm geht es darum, sich weiterzubilden. Er nennt es „die Vervollkommnung der Person“. Leider sei es aber so, sagt er, „dass man, je mehr man weiß, auch erfahren muss, dass man nie alles weiß“.

Wissen häuft der Vater eines Sohnes und zweier Enkelkinder im Alter von fünf Jahren und anderthalb Monaten allerdings nicht nur im technischen Bereich an. Wie seine Eltern liebt er ebenfalls die Natur. So hegt und pflegt er einen Garten. Aber nicht nur das. Tänzer ist neben all seinen familiären, beruflichen wie ehrenamtlichen Verpflichtungen auch Vorsitzender des Kleingartenvereins Damaschkeplatz und stellvertretender Vorsitzender im Regionalverband der Gartenfreunde Saale-Unstrut-Querne.

 


Naumburger Tageblatt, 20./21.05.2017